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Baupreise. Lieferwege. Auswirkungen.

Liebe Leserinnen und Leser. Nachdem wir uns in den letzten beiden Ausgaben mit dem Thema „Zweitwohnsitz im Alpenraum“ auseinandergesetzt haben, möchten wir uns einem sehr aktuellen und mit Sicherheit viele Leserinnen und Leser betreffenden Thema annehmen: den Baukosten.
Foto: © Tim Trad

Mit Sicherheit ist auch an Ihnen nicht vorbei gegangen, dass diese seit Jahren konstant und in manchen Teilbereichen sogar exponentiell anstiegen. Laut Statistischem Bundesamt stellt es sich in Zahlen so dar, dass sich durchschnittlich die Erzeugerpreise innerhalb des Bemessungszeitraums vom Mai 2020 zum Mai 2021 um 6,42% verteuert haben. In der Vergangenheit war nur 2004 ein höherer Preisanstieg zu verzeichnen. Im Jahre 2004 wurde allerdings die Mehrwertsteuer von 16% auf 19% erhöht, was darauf schließen lässt, dass eine grundsätzliche Verteuerung der Waren und Dienstleistungen erfolgt ist. Anhand einiger Beispiele möchte ich Ihnen die Gründe und Auswirkungen dieser aktuellen Entwicklungen erläutern.

Materialmangel als Kostentreiber
Derzeit liegen die Gründe nicht an einer etwaigen Steuererhöhung, sondern primär in der Verfügbarkeit der Baustoffe und einer gewissen Trendwende in der Bauausführung. Besonders deutlich wird die Problematik am Beispiel Holz: Nicht zuletzt auch aus Gründen der Nachhaltigkeit und Energetik wird beispielsweise beim Bau von Einfamilien- und Doppelhäusern auf Holzbau gesetzt. Der vermeintlich ökologische Baustoff verspricht unter anderem sehr gute Dämmwerte, lokale Verfügbarkeit und kurze Bauzeiten. Im Zuge dessen stieg der Anteil der Fertighausbauten in den vergangenen Jahren gewaltig an, ergo lässt sich also ein deutlicher Anstieg der Nachfrage nach Holzbauten feststellen. Diesem gewachsenen Bedarf steht allerdings eine – zumindest aktuell – rückläufige Verfügbarkeit des Baustoffes Holz entgegen. Sowohl die Corona-Pandemie als auch die Exporttätigkeiten der Sägewerke beziehungsweise Verarbeiter haben hier einen großen Anteil daran. Der Lieferverkehr stand und steht weiterhin teilweise still, die Lager füllen sich und können wenig bewegt werden. Allerdings wurden große Teile der lokalen Bestände aus Profitgründen ins Ausland verkauft. Und nun wird es spannend: Durch die langen Transportwege ins Ausland wird das Holz nicht nur teurer – der lokale Bauunternehmer muss das Holz in logischer Konsequenz wieder einkaufen und importieren. Ist der Baustoff nach tausenden transportierten Kilometern dann noch nachhaltig? 

Baukosten sind diejenigen Kosten, die zur Durchführung einer Baumaßnahme benötigt werden. Zum Beispiel: Beton, Holz, Stahl, und so weiter. Darüber hinaus sind sogenannte Baunebenkosten wie die Planungskosten der Architekten oder der Projektanten der einzelnen Gewerke hinzuzurechnen. Aber auch Kosten für Gutachten der Bodenbeschaffenheit oder des biologischen Umfelds sind Teil der Baukosten.

Handwerksbetriebe mit weniger Kapazitäten
„Man muss froh sein, wenn überhaupt jemand Zeit hat“. Diesen Satz hört man im privaten Gespräch immer wieder, wenn’s um anstehende Renovierungsarbeiten am Haus geht. Er steht sinnbildlich für einen weiteren erschwerenden Grund. Denn während sich Arbeitsleistungen deutlich verteuerten, so verringerten sich die Kapazitäten der ausführenden Handwerksunternehmen im Jahresvergleich ebenso deutlich. Es ist hierbei ganz offensichtlich, dass die größte Herausforderung der ausführenden Baubranche der Fachkräftemangel darstellt. Laut dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie nannten 2021 in einer Umfrage der DIHK 67% der Bauunternehmen den Fachkräftemangel als das größte Geschäftsrisiko für die eigene wirtschaftliche Entwicklung, während 2010 nur rund 21% diesen Grund angaben. So kosten Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten im Durchschnitt 8,3%, Klempnerarbeiten 8,1% und Beton- und Maurerarbeiten um 6,6 beziehungsweise 4,8% mehr. Wenn Zeit begrenzt ist, wird diese eben teurer.

 

Wo geht die Reise hin?
Es ist kurzfristig davon auszugehen, dass sich aufgrund der sich immer weiter öffnenden Transportwege und sich wieder einspielenden Lieferketten eine Entspannung in der Beschaffung zu importierender Rohstoffe abzeichnen wird. Die Erzeuger von Stahl, Holz und Co. können im Rahmen der Impffortschritte mit höheren Kapazitätsauslastungen planen und damit die Situation zumindest teilweise entspannen. In diesem Zuge muss auch erwähnt sein, dass die Problematik des ausufernden Exports einen gewissen politischen und gesellschaftlichen Druck aufkommen ließ und eben diese Exportgebaren scharf kritisiert wurden. Selbst der scheidende Bundeswirtschaftsminister Altmaier hat mehrere Arbeitsgruppen und Krisensitzungen einberufen lassen. Auch hier ist also davon auszugehen, dass sich der ohnehin sehr wechselhafte internationale Warenverkehr wieder einigermaßen normalisieren und einpendeln wird. Eine wesentliche Verbilligung auf das Vorjahresniveau bleibt allerdings unwahrscheinlich. Immerhin sind die Auftragsbücher trotz der Verteuerung voller denn je, die Preise werden mitunter auch aus Alternativlosigkeit bezahlt. Nicht zuletzt mit der angestrebten und bitter notwendigen Energiewende steigen darüber hinaus die technischen und planerischen Anforderungen an Neubauten und Bestandsgebäude, die teuer umgesetzt werden müssten. Auf der Gegenseite werden wir national innerhalb der nächsten zehn Jahre in der nur bedingt rationalisierbaren Baubranche auf circa 150.000 Fachkräfte verzichten müssen, und das bei rückläufigen Neubeschäftigungs- und Ausbildungszahlen. Es bleibt also abzuwarten, ob, wo und wie diese inneren Spannungen gelöst werden können. 

 

 

Ihr
Sebastian Maurus
Immodocs GmbH Kempten

 

Das ist unser Experte: Sebastian Maurus

Maurus ist Geschäftsführer der Immodocs GmbH in Kempten, die auf Projektierung, Vermietung und den Verkauf von gewerblich und wohnwirtschaftlich genutzten Immobilien spezialisiert ist. Das Leistungsspektrum der Immodocs GmbH umfasst unter anderem auch den Neubau von Eigentumswohnungen im gehobenen Standard bis zum Luxus-Segment.

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