Mehr als Mozartkugeln
Das SalzburgerLand ist seit langem eine der besten Adressen Österreichs für Gourmets. Das ist kein Geheimnis. Seit der Guide Michelin die Alpenrepublik wieder flächendeckend bewertet, kamen jedoch neue Sterne für das Bundesland hinzu und lassen es nun heller denn je erstrahlen.
2009 endete eine Ära. Der Guide Michelin teilte mit, dass seine Test-Esser nicht mehr in allen Ecken und Winkeln Österreichs unterwegs sein würden – zu teuer, zu hoch der logistische Aufwand. Fortan gab es nur noch Sterne für Lokale in Wien und Salzburg in der Spezialausgabe „Main Cities of Europe“. Ikonische Küchenchefs wie Andreas Döllerer, der in Golling und damit nur 25 Kilometer außerhalb der Mozartstadt kocht, fielen damit unter den Radar der international ständig wachsenden Klientel der „Sternefresser“. US-Amerikaner zum Beispiel, die zu den Salzburger Festspielen reisen, können mit Hauben von Gault-Millau oder Gabeln von Falstaff nicht viel anfangen. Umso mehr freuten sich Gourmets, als der Guide Michelin im Januar 2025 mit einem kompletten Länder-Werk zurückkehrte. Das geschah freilich nicht ganz ohne Finanzspritze. Wie viel die Bundesländer dafür bezahlen, ist nicht öffentlich bekannt, aber es kursieren Schätzungen von 0,7 bis 1,0 Millionen Euro jährlich.
Tourismusexperten sehen darin ein lohnendes Investment, denn die Kulinarik spielt im internationalen Tourismus-Marketing eine wichtige Rolle. Auch die SalzburgerLand Tourismus GmbH hatte sich jahrelang dafür eingesetzt, dass es wieder eine Österreich-Ausgabe des Guide Michelin gibt. Immerhin hatten die Salzburger gut lachen, denn die Mozartstadt selbst war ja nie ganz von der Bildfläche verschwunden, während andere Bundesländer – vom Burgenland bis Vorarlberg, von der Steiermark bis Kärnten – komplett ignoriert wurden.
In Summe 17 Auszeichnungen gab es in der Premieren-Ausgabe des Guide Michelin für die Topköche im SalzburgerLand: fünfmal mal zwei Sterne, achtmal einen Stern und vier grüne Sterne – Grund genug, sich einige der besten Adressen näher anzusehen.
Autor des Gesamtartikels: Günter Kast
Esszimmer, Salzburg
Institution des guten Geschmacks
„Wir lieben was wir tun, auch nach so langer Zeit“, heißt es auf der Website des Esszimmers. Nun ist „lange“ ja ein relativer Begriff, insbesondere in der Spitzengastronomie, wo Lokale so schnell verschwinden wie sie aufgetaucht sind. Und deshalb ist es schon etwas Besonderes, wenn Andrea und Andreas Kaiblinger inzwischen auf 21 Jahre am Müllner Hügel zurückblicken können: auf zwei Jahrzehnte mit Michelin-Stern und mit aktuell vier Hauben (17 Punkte) von Gault-Millau, wohlgemerkt.
Wie aber wird man zu einem kulinarischen Fixpunkt in Salzburgs Genussszene? „Indem man das Produkt und dessen Eigengeschmack in den Fokus rückt“, erklärt Küchenchef Andreas. „Die vielen Stammgäste, das sind 80 bis 90 Prozent unserer Kundschaft, würden es auch gar nicht goutieren, wenn ich als Koch mit 30 Jahren Erfahrung jedem neuen Trend hinterher renne, oder mich bei internationalen Events und Caterings selbst inszeniere, anstatt mich auf mein Handwerk zu konzentrieren.“ Geografische Beschränkungen oder Tabus gibt es dabei nicht. Erlaubt ist, was gefällt. Nur schmecken muss es eben.
Und das tut es! Einen Würfel von der Gänseleber-Terrine und eine karamellisierte Kalbsleber servieren auch andere. Andreas aber überlässt dem Produkt die große Bühne und gibt ihm mit Marille, Senf, Yuzu und Essig dennoch einen eigenen Twist. Andrea schenkt dazu den Riesling „Süßstoff“ von Alexander Fritsch ein, der zwar aus dem Wagram in Niederösterreich stammt, aber von deutschen Kabinett-Rieslingen inspiriert wurde und mit 64 Gramm Restzucker leicht genug ist, um die feinen Innereien nicht zu erschlagen.
Danach hüpfen wir ins Meer, wo wir Wolfsbarsch (mit Aromen der Levante), Jakobsmuschel (sehr französisch mit Artischocke und Sommertrüffel) und Oktopus (deftig, mit Kartoffel, Speck und Linsen) begegnen. Jeder Teller bleibt in Erinnerung, jeder der drei Weißweine von Andrea passt dazu. Meist gibt die charmante Gastgeberin dabei weniger bekannten Gütern aus Österreich den Vorzug vor Mode-Etiketten. Vor allem aber überlässt auch sie den Weinen die Bühne – erklärt diese, ohne sich in ausschweifendem Storytelling zu verlieren. Ein bisschen länger holt sie nur aus, als sie von „den schlimmsten 24 Stunden ihres Lebens“ berichtet: Der neue Guide Michelin kam heraus. Und der Stern war weg. „Keiner wusste, was los ist. Weinen in der Küche. Gleichzeitig hatte aber auch niemand über den Verlust informiert, wie es üblich ist.“ Dann Entwarnung: Er wurde schlicht vergessen. Durchatmen. Weitermachen. Lächeln.
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