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"Meine Couch sind die Berge!"

Psychologe und Bergführer Pauli Trenkwalder im Portrait

Wir treffen Pauli Trenkwalder im Ridnauntal der Gemeinde Ratschings. Von hier ist es nur noch ein Steinwurf hinüber ins benachbarte Pflerschtal, wo der Psychologe gemeinsam mit seiner Frau und Tochter lebt. Der sportliche Südtiroler sitzt uns mit langen, lockigen Haaren und wachen Augen gegenüber. Dabei erzählt er, wie er zwei auf den ersten Blick völlig unterschiedliche Berufe vereint, welche Vorteile die Natur bietet, wenn man sie nur als Arbeitsplatz zulässt. Und er erzählt, dass seine eigentliche Aufgabe nicht das Erzählen, sondern vielmehr das Zuhören ist.

Pauli lebt schon immer hier, nahe dem Brenner, in den Südtiroler Bergen. Was zuerst da war, möchten wir von ihm wissen: Der Bergsteiger in ihm, oder der Psychologe?


„Die Leidenschaft, das Interesse war von beidem da. Das eine war ein Studium. Das andere entwickelte sich aus einer Leidenschaft. Aus dem Klettern. Aus dem Bergsteigen. Aus dem Tun.“


Und so dauerte es nicht lange, bis der junge Trenkwalder sich fragte, ob man davon nicht auch leben könne. Mit vielen Freunden und Bekannten, die entweder noch in der Bergführerausbildung oder schon ausgebildet waren, sah er einen Weg. Quasi zweigleisig schloss er beides ab. In München folgte eine systemische Ausbildung, in Österreich eine klinische und gesundheitspsychologische Ausbildung. Und dann kombinierte der Bergfreund, was seiner Meinung nach ohnehin gar nicht so weit voneinander entfernt ist.


„Meine Couch sind die Berge. Ich bin zwar immer noch ganz klassisch rein als Bergführer und im Lehrteam des Deutschen Alpenvereins als Ausbilder unterwegs, aber eben auch als Psychologe. Mit den Menschen, die zu mir kommen, gehe ich dann raus – in die Berge.“


Italien, Deutschland, Schweiz: Paulis Werdegang ist fast im ganzen Alpenraum verstreut. Er ist ein Macher. Energiegeladen. Und zweifelsfrei mit einem festen Willen. Die Kombination Bergführer und Psychologe gäbe es ja nicht oft, so sagt er. Aber die Kombination macht eben auch Sinn!


„Am ehesten lässt sich das vielleicht mit einem Zitat einer meiner Kundinnen beschreiben. Die leidenschaftliche Skifahrerin sagte mir auf einer Skitour, dass sie glaube, wenn ihr Herz aufgehe, wie in diesem Moment kurz vor der pulvrigen Abfahrt, dann gehe ja auch viel leichter etwas in dieses Herz hinein!“


Wer sind die Menschen, die Trenkwalder aufsuchen? Und was kann er für sie tun? Der Bergpsychologe beschreibt auf diese Frage sein Tun als niederschwelliges, psychologisches Angebot. Wer berufliche oder private Entscheidungen treffen muss, wer so etwas gerne extern besprechen möchte, der ist bei Pauli genau richtig aufgehoben. 


Selbstverständlich sind das Menschen, die ohnehin schon einen großen Bezug zu den Bergen haben. Und draußen auf Tour, ist die psychologische Arbeit Trenkwalders keine andere als die eines ganz gewöhnlichen Psychologen. Doch ist es die Natur, die Umgebung, oder viel mehr was wir Menschen in ihr sehen, was beiden Seiten einen enormen Vorteil bieten kann. 


„Oft sprechen wir dann über Stunden nichts. Das sind wertvolle Momente. Manchmal höre ich auch nur zu. Die Menschen, die zu mir kommen haben ja keine psychische Erkrankung. Sie brauchen keine Therapie, sondern eine Unterstützung, eine Hilfestellung in einer schwierigen Situation.“


Teambuilding. Waldbaden. Die Heilkraft der Natur. Mit all dem kann Pauli recht wenig anfangen – schließlich sei das ja kein Hokuspokus was er da mache. Was folgt, ist ein Erklärungsversuch. Das Setting, also der Rahmen, in welchem diese Gespräche stattfinden, sind die Berge. Da ist es erstmal zweitrangig, ob das nun ein Spaziergang, eine Bergwanderung, eine Kletter-, oder Skitour ist. Wichtig sei eben, dass einem das Herz aufgehe. 


An die eigenen Grenzen zu gehen sei dabei nicht nötig, meistens auch gar nicht förderlich. Viel wichtiger sei es, dass die Beziehungsebene zwischen dem Klienten und ihm passend ist, eine Ebene, auf der man etwas gemeinsam hat. Im besten Fall bewegt man sich auf der gleichen Wellenlänge. Diese Beziehungsarbeit ist ein wichtiger Teil seiner Aufgabe und gerade hier tun ihm die Berge einen großen Gefallen. Meistens kommen die Menschen mit einer positiven Grundeinstellung zu ihm. Immerhin geht es ja in die Berge, in ein Abenteuer, ins Vergnügen, oder einfach in den Urlaub. Das ist das Fundament.


„Dazu kommt, dass wir nicht nur eine Stunde in einem Raum miteinander verbringen, sondern den ganzen Tag! Unterwegs ist es befreiend, wenn der Blick schweifen kann. Es gibt nicht diesen Druck: Was soll ich jetzt tun? Was soll ich jetzt sagen? Oft passiert zwischen meinem Gast und mir stundenlang scheinbar nichts. Doch der Schein trügt. Oft passiert genau in diesen Momenten sehr viel!“


Wir philosophieren noch lange über Paulis Arbeitsweise. Über die Berge. Über die anspruchsvollen Erstbegehungen in weit entfernten Ländern, die ihm gelangen, lange bevor er als Ehemann und Familienvater ein neues Lebenskapitel eröffnete. Heute fotografiert er leidenschaftlich gerne. Natürlich das Lieblingsmotiv: Große Berge und kleine Menschen. 


Uns gegenüber sitzt ein interessanter Mensch, eine spannende Persönlichkeit, die ganz sicher gefunden hat, was sie glücklich gemacht hat. Denn auch das, so sagt er, muss man ja erstmal finden. Spüren. Erleben!

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