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Von allem das BESTE!

Wie das Ötztal verbindet, was zusammengehört


Unsere Reise durch das Ötztal und weit darüber hinaus hat gerade erst angefangen. Dennoch sind wir uns sicher: Dies ist einer ihrer Höhepunkte! Der kantige Glaskasten vor uns ragt wie ein Kristall aus dem Frühlingsschnee und spiegelt seine Umwelt gleich mehrfach wider. Facette für Facette. In der Außenhaut des modernen Bauwerks entdecken wir Berge, Täler und blauen Himmel. Makellos steht es da, das Panoramarestaurant ice Q, auf dem Gipfel des wuchtigen Gaislachkogels in 3048 Metern Höhe. Einzig das Gipfelkreuz überragt uns und das Dach des Gebäudes. Darüber kommt nichts als glasklare, kalte Bergluft. Wir sind also bereits ganz zu Beginn unserer Reise am architektonischen, aber auch am topographischen Höhepunkt der Route angekommen. 

Nicht weit von hier, fast nur einen Steinwurf nördlich, liegt die Gampe Thaya. Die kleine Almhütte ist auf charmante Art und Weise das genaue Gegenteil des ice Q. Traumhaft gelegen, thront das urige Berghüttchen zwar mehr als 600 Meter über den Dächern Söldens, aber noch immer gute 1000 Meter unterhalb des Gaislachkogels. Je länger man die beiden Gebäude miteinander vergleicht, desto unterschiedlicher erscheinen sie. Glasfassaden, Metallstrukturen und sensationelle Architektur, treffen auf rustikales Bilderbuch-Alpenambiente. Doch ein Blick hinter die Kulissen eröffnet das eigentliche Herz dieser beiden Orte: Hier leben und arbeiten Menschen in der rauen, wilden Schönheit der Ötztaler Berge. Umzingelt von Gipfeln, umringt von Wanderwegen. Bergfreunde genießen die Ausblicke, kosten von regionalen Schmankerln und tauchen ein, in einen Sehnsuchtsort, der geradezu ihrer Fantasie entsprungen scheint.


Zugegeben: Meistens wird der Gaislachkogel nicht aus eigener Kraft erstiegen, denn vom Tal aus sind immerhin anderthalbtausend Höhenmeter zu überwinden. Lohnenswert ist die Bergtour aber allemal. Wenn die Aussicht von Schritt zu Schritt prächtiger wird und der Gaislachsee zu einer hochalpinen Abkühlung einlädt, sind die Mühen schnell wieder vergessen. Den Hochgebirgssee können aber auch Gondelnutzer genießen. Vom Aussichtspunkt erscheint er in einer fast perfekten Herzform, hinter der sich die Gletscherriesen von Seelenkogel, Hintere Schwärze und Hochfirst erstrecken. Bald schon werden wir diese Berge wieder sehen. Dann aber von der gegenüberliegenden Talseite, wo man dagegen wesentlich klangvoller von Cima delle Anime, Cime Nere und Monte Principe reden wird.

Wer die Gondel direkt aus Sölden hier herauf genommen hat, dem bietet sich aber noch ein weiterer Vorteil: Es bleibt genügend Zeit, um zu flanieren, gut zu speisen und zu staunen. Bond-Fans versetzen sich in Filmszenen des 2015 hier gedrehten Actionstreifens Spectre. Zwei Jahre später eröffnete man gleich nebenan die James Bond Erlebniswelt „007 Elements“ – ein weiteres Highlight fürs Auge, nicht nur für eingefleischte Filmfreaks! 


Es bleibt aber auch genug Zeit, um Johann Obermosers Handschrift zu lesen. Der österreichische Architekt wirkte nämlich nicht nur am Bond-Museum, sondern gleich auch am gegenüberliegenden ice Q. Wer die Augen offen hält, stößt im Ötztal und der nähren Umgebung sogar noch häufiger auf seinen Namen. Er prägt so manches Stadt- und Landschaftsbild mit seiner klaren Linie. Seilbahnstationen, Museen, Schulen und Bürogebäude. Und immer wieder kann man hier oben nur staunen, wie sich die menschengemachte, zeitlose Bauart in eine derart archaische Urwelt einzugliedern vermag.


Eintausend Meter weiter unten, auf der Gampe Thaya. Die frühere Almhütte hatte nur einen einzigen Raum, in dem Mensch und Tier unter einem Dach wohnten. Über die Sommermonate zog man damals noch gemeinsam auf die Hochebene hinauf, denn das tief eingeschnittene Ötztal bot weiter unten kaum lohnende Weideflächen. Vor vierzig Jahren nutzten die Talhotels dann diese Hütte für einen authentischen Einkehrschwung – für die Gäste zu jener Zeit ein echtes Privileg. Zwanzig Jahre dauerte es, bis die Gampe Thaya auch im Winter geöffnet blieb. Zwar mussten dafür auch die Küchen- und Sanitäranlagen erweitert und modernisiert werden. Doch der urige Charakter blieb erhalten, Wirt Jakob Prantl mutigem Einsatz sei Dank: Er strich schon bald Softdrinks und Pommes frites von der Karte und serviert seitdem ausschließlich regionale Gerichte, kreiert aus lokalen Zutaten. Holunder- oder Johannisbeersaft und Wein aus der Region. Fleisch vom Tiroler Grauvieh. Almkäse aus der hauseigenen Käserei. Fondue, ob nun mit Käse oder Fleisch und natürlich noch etwas Süßes – Apfel-, Topfenstrudel, Kaiserschmarrn. Die Karte lässt keine Wünsche offen und all das könnte regionaler nicht sein. 

Mittlerweile kommt die Speisekarte bei Einheimischen ebenso gut an wie bei Touristen. Im Winter erfreuen sich Wintersportler am charmanten Hüttencharakter. Sommers lässt sich die Almhütte in anderthalb Stunden von Sölden aus erwandern. Wer lieber bergab geht, nutzt die Giggijochbahn (wo man wieder auf Obermosers Stil stößt) und spaziert gut eine Stunde bergab. Auch der erst vor einigen Jahren eröffnete Ötztaler Urweg führt hier vorbei. Groß und Klein finden sich dann ganz plötzlich in einer Welt von damals wieder. Eine kleine, aber feine, perfekt funktionierende Almwirtschaft, mit 13 glücklichen Milchkühen. Was für eine ursprüngliche, einfache Welt. So anders als oben am ice Q.


Die Kontraste ergeben dabei aber nur ein noch klareres, ein noch kräftigeres Bild. Die romantische Alpe Thaya und das futuristische icq Q. Das frühlingshafte Tal und die dick eingeschneiten Gipfel. Und schließlich auch wir Menschen, die klein und verletzlich in einer Bergwelt stehen, die eigentlich menschenfeindlich wirkt und das Leben hier oben viele Monate im Jahr fast unmöglich werden lässt. Wieso sich die Menschen das antun? Aus welchem Grund?


Als wir mit der Gondel nach Sölden hinabschweben, können wir die Antwort noch immer nicht in Worte fassen. Wir wissen nur, dass der Grund auf der Gampe Thaya derselbe sein muss, wie hoch oben am Gaislachkogel.


Fotos: Frank Bauer, Christina Schwemberger

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