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Von der Stadt zur Legende

750 Jahre Stadt Kitzbühel

In einem eckigen Glaskasten, da liegt das kleine, beschriebene Stück Papier, an welchem noch immer ein großes Siegel befestigt ist. Es ist die Ernennungsurkunde des bayerischen Herzogs Ludwig II, der am 6. Juni 1271 Chitzingensbuhel das Stadtrecht verlieh. Noch liegt im Museum Kitzbühel das Original-Exemplar, doch Museumsdirektor Wido Sieberer merkt an, dass man dem zunehmenden Verfall des Papiers entgegenwirken möchte und zukünftig nur noch ein Duplikat dem Licht und der Luftfeuchtigkeit aussetzen möchte. Immerhin ist dieses Papier schon stolze 750 Jahre alt. 

Tiefe Wurzeln
Was genau Kitzbühel in diesen 750 Jahren zur Legende werden hat lassen? Na logisch: Das Hahnenkamm-Rennen auf der wohl berühmtesten Skipiste der Welt. Das Kitzbüheler Ski-Ass Toni Seiler, der 1956 gleich drei Mal das olympische Gold abräumte. Und natürlich die vielen luxuriösen Hotels mit ihren preisgekrönten Küchen. Das alles hat die Stadt Kitzbühel zu dem werden lassen, was wir heute kennen. Eine Legende!

Doch die Wurzeln, das Fundament für so einen erstklassigen Ruf, die findet man nicht wenn man nur einhundert Jahre in der Vergangenheit sucht. Um wirklich zu verstehen worauf Kitzbühel beruht, muss man tiefer graben. Viel tiefer!

Die Region um Kitzbühel wurde schon etwa eintausend Jahre vor unserer Zeitzählung von Menschen besiedelt. Schon sie schürften in den Bergen nach wertvollem Kupfererz. Viel ist aus dieser Epoche nicht bekannt und es sollte noch sehr viel Zeit vergehen, bis der Bergbau eine wirklich ernsthafte Rolle in der Geschichte
Kitzbühels spielen sollte. In der Zwischenzeit ging das Römische Reich unter, Archimedes errechnete die Kreiszahl Pi und gerade blühte das Rittertum auf, da wurde Kitzbühel von Ludwig II. zur Stadt ernannt. Eine kleine Urkunde, die den Kitzbüheler Stein ins Rollen brachte. Denn als Stadt war Kitzbühel (besonders finanziell) plötzlich in der Lage, selbstständig zu agieren.

Wie Kitzbühel durch die Zeit reiste
Die neugeborgene Stadt wurde von da mit einer mächtigen Mauer gesichert. Dieses monumentale Bauwerk aber wäre überhaupt nicht nötig gewesen: Durch die verkehrstechnisch interessante Lage zwischen Pass Thurn und dem Chiemgau wuchs Kitzbühel schnell zu einem belebten Handelsplatz, der von kriegerischen Auseinandersetzungen weitestgehend verschont blieb. Die wuchtige Mauer wurde später sogar abgetragen – oder schlicht als Wohnraum genutzt.

Anfang des 16. Jahrhunderts: Das bayerische Kitzbühel wird tirolerisch und der Bergbau erwachte zu neuem Leben. Kaiser Maximilian förderte den Bergbau, erste Erzgruben und Schmelzhütten wurden eröffnet. Das unterirdische Gestein erwies sich als überraschend erzhaltig, was einen wahren Rausch auslöste und  Männer aus der ganzen Welt unter Kitzbühel ihr Glück suchen ließ. Die Tatsache, dass nicht nur Kupfererz, sondern darüber hinaus auch noch beachtliche Mengen Silber geschürft wurden, verhalf der jungen Stadt Kitzbühel zu ihrem noch immer andauernden Reichtum.

Während der Bergbau systematisch weitergetrieben wurde, die Stadt aber im Zuge verschiedener Auseinandersetzungen immer wieder zwischen Österreich und Bayern hin- und hergereicht wurde, bahnte sich aber noch ein weiterer Aufschwung an.

Bahnbrechende Ereignisse
Napoleon war gestürzt. Kaiser Franz Joseph brachte endlich Ordnung und Stabilität in die Region. Und 1875, da wurde die Salzburg-Tiroler-Bahn fertiggestellt. Mit der Giselabahn, wie sie nach der ältesten Tochter von Kaiser Franz Joseph auch genannt wurde, war eine lückenlose Verbindung der Weltstädte geschafft: Paris, Zürich, Budapest, Istanbul waren erreichbar geworden.

Dass die Bahnlinie dabei durch Kitzbühel läuft, ist keineswegs Zufall. Über die Trassenführung wurden lange, hitzige Diskussionen geführt, wobei sich die Bergbau-Stadt von Anfang an für einen eigenen Bahnhof einsetzte. Dabei wäre die Trasse um ein Haar weiter nördlich unterhalb des Wilden Kaisers verlegt worden. Es ist mehreren Umständen zu verdanken, dass es anders kam. Einerseits rechnete man mit technischen Problemen, andererseits wollte man dem ehemaligen Feind im Norden nicht auch noch eine Eisbahn direkt vor die Nase setzen. Es ist aber auch dem cleveren Engagement der Kitzbüheler zu verdanken, die folgendermaßen argumentierten: Während die Trasse durchs Brixental ausreichenden Abstand zur Landesgrenze aufweisen würde, könne man den enormen Höhenunterschied mit dem Bau einer außergewöhnlichen Bahnschleife im östlichen Ende des Tales überwinden. Triftige Gegenargumente gab es dafür keine und heute muss man nicht mehr erwähnen, dass die erwähnte Bahnschleife natürlich direkt durch Kitzbühel führt.

Wido Siberer zeigt mir einige eindrucksvolle Fotos, auf welchen die Stadt heute, aber auch während des Bahnbaus zu sehen ist. Es ist unverkennbar: Mit dem Bahnhof hat es Kitzbühel endgültig geschafft. Der Bergbau brachte den Wohlstand. Die Bahn aber brachte neben der Industrie auch die Schönen und Reichen. 

Das Kitzbühel von heute
1931 fand das erste Hahnenkamm-Rennen statt. Ein Mythos, der im Januar 2022 bereits in die 82. Runde gehen wird. Dass das erste Rennen allerdings erst im März stattfand, war ein genialer Marketing-Schachzug: Man wollte aller Welt beweisen, dass man in Kitzbühel auch noch im Frühling wunderbare Verhältnisse hat – eine Botschaft, deren Message offensichtlich heute auch noch Wirkung zeigt: Kitzbühel gilt als einer der besten Skiorte der Alpen, wurde Ende des 20. Jahrhunderts sogar in den Kreis der „classic mountain resorts – Best of the Alps“ aufgenommen. Sicher: Weltberühmte Skifahrer, die bedeutendsten Wintersportveranstaltungen, Eisenbahn, Silber, der Glanz und Glamour – das ist Kitzbühel heute. Schaut man aber hinter die Kulissen, lernt man die Menschen, ihre Traditionen und Werte kennen, dann spürt man, das Kitzbühel noch viel mehr als nur das ist.

Autor: Benni Sauer

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