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Zweitwohnsitz. Im Alpenraum. Ein Überblick.

Titelbild: © Patrick Robert Doyle

Bergpanoramen, traumhafte Seen, Wanderparadies und Winterwunderländer. Egal zu welcher Jahreszeit, begeistert der Alpenraum seit jeher Reisefreudige aus aller Welt. So ähnlich die jeweiligen Regionen um die Alpen auf den ersten Blick auch erscheinen, hat jeder Fleck seine eigenen Vorzüge und Besonderheiten. Folgerichtig weckt das Gebiet natürlich entsprechende Begehrlichkeiten – wie dem Wunsch nach einem zweiten Zuhause. Den Winter in Esprit versprühenden Gebieten wie Sankt Anton oder Kitzbühel zu verbringen, die bearbeitete weiße Pracht der Schneedecken im Kleinwalsertal als Skifahrer zu passieren oder an warmen Sommertagen die Alpenkette zu erklimmen. Einmal dort gewesen, lässt einen die Alpenregion nicht mehr los.

So unterschiedlich die Gebiete per se auch sind, so divers sind auch die rechtlichen Rahmenbedingungen, die das Vorhaben eines Erwerbs einer Ferienimmobilie mit sich bringen. In diesem Artikel freue ich mich, Ihnen daher einen Überblick über ein stets präsentes und relevantes Thema zu geben: Dem Zweitwohnsitz. Mit einer geschätzten Anzahl von rund zwei Millionen Zweitwohnsitzen machen Zweitwohnungen bzw. -Häuser mehr als 25% des gesamten Wohnungsbestandes aus – wodurch teilweise sogar die örtliche Anzahl an Beherbergungsbetten übertroffen wird. Der Großteil der Zweitwohnungen teilt sich in die französische und italienische Alpenregion auf, während sich aufgrund strengerer staatlicher Regulierungen nur verminderte Wohnungsbestände in den deutschen, schweizerischen und österreichischen Gebieten finden lassen. 

Der Zweitwohnsitz ist ein rasierklingenscharfes, zweischneidiges Schwert. Rein wirtschaftlich betrachtet bietet der Zweitwohnsitz auf den ersten Blick einen klaren Mehrwert: Liebhaber der jeweiligen Region investieren. Folgerichtig sind vor allem das Tourismus- (damit auch die Gastronomie) und Baugewerbe die größten Profiteure. Steuereinnahmen erhöhen sich, die städtebauliche Entwicklung wird aufgewertet und so weiter, Sie kennen das Spiel. In einer Studie für das Gebiet Kanton Wallis wurde ermittelt, dass durch Zweitwohnungen 50% (!) aller Investitionen für Bau und Unterhalt generiert werden, 40% der Besucherausgaben anzunehmen sind und 10% aller Investitionen im Neubau Zweitwohnungen angerechnet werden. Diese Zahlen sprechen eine klare Sprache. 

Allerdings bringt ein Zweitwohnraum auch prekäre Probleme mit sich. Nicht nur dann, wenn Beherbergungsbetten leer stehen, weil das Gesamtangebot an Ferienwohnraum überschüssig wird, sondern spätestens, wenn sich die ganzheitliche wirtschaftliche Dynamik vom Wohnungsmarkt abkoppelt. In dem Moment, in dem die lokale Wirtschaftsleistung und das damit verbundene Nettohaushaltseinkommen den von überregionalen Investoren in die Höhe getriebenen Preisen auf dem Wohnungsmarkt zu deutlich hinterherhinken, entsteht folgerichtig ein tiefgreifendes Problem für die Bevölkerung vor Ort. Die Wohnungsnot ist uns allen ein Begriff. Die Immobilienpreise erklimmen von Jahr zu Jahr Rekordhöhen, das Angebot wird immer knapper – doch auf dem Markt befindliche Immobilien werden von Dritten bzw. Investoren von Außerhalb regelrecht aufgesaugt und teuer verwertet. Damit muss sich jede Gemeinde, Landkreis und Stadt die Frage stellen, ob sich die wirtschaftlichen Vorteile mit den Bedürfnissen der eigenen Bevölkerung verbinden lassen, oder die Diskrepanz Überhand genommen hat. 

Seit mehreren Jahren ist zu beobachten, dass die Behörden eingreifen. Teilweise ist die Anmeldung von Zweitwohnsitzen genehmigungspflichtig und soll im Regelfall per se untersagt werden. Die Alternative dazu stellt oft eine deutlich erhöhte Besteuerung der Eigentümer von Zweitwohnraum dar, um behördlicherseits sozialen oder städtischen Wohnungsbau zu fördern. 

Es ist unbestritten, dass Immobilien im Alpenraum eine wichtige Anlageklasse bleiben wird. Der Tourismus ist gut aufgestellt, es gibt eine Wirtschaft post Corona, die sich wieder erholen wird. Meines Erachtens ist ein ganzheitlich schlüssiges Konzept zu erarbeiten, das standardisiert am Markt anzuwenden ist. Wenn eine Behörde beispielsweise einen gewissen, wirtschaftlich förderlichen Prozentsatz an Zweitwohnraum zulässt und diesen höher besteuert, kann der Grundbedarf an Zweitwohnraum gedeckt werden und von frischem Kapital insgesamt profitiert werden. Wird der Prozentsatz überschritten, muss eingeschränkt werden – vor allem dann, wenn die wohnwirtschaftlichen Bedürfnisse der Bevölkerung nicht mehr gedeckt werden können oder kalte Betten und heruntergelassene Jalousien leerstehende Zweitwohnungen schmücken. Durch ein einheitliches System könnten so auch Behörden in deren Abwägungs- und Entscheidungsprozessen entlastet werden. Wer dann von außerhalb investiert, kann an Einheimische vermieten, wenn die Zulassung eines Zweitwohnsitzes untersagt ist.  

Denn eines ist klar, der Charme des Alpenraums entsteht nicht nur durch unsere märchenhaften Landschaften, sondern ist auch von jeder lokalen Kultur, Tradition, Bräuchen und nicht zuletzt auch der unterschiedlichen Sprachen und Dialekten gewürzt. 

Vorschau: In der Edition II von ALPSTYLE erfahren Sie
tiefergehende Details rund um einen Zweitwohnsitz.

Das ist unser Experte
Sebastian Maurus

Maurus ist Geschäftsführer der Immodocs GmbH in Kempten, die auf Projektierung, Vermietung und den Verkauf von gewerblich und wohnwirtschaftlich genutzten Immobilien spezialisiert ist. Das Leistungsspektrum der Immodocs GmbH umfasst unter anderem auch den Neubau von Eigentumswohnungen im gehobenen Standard bis zum Luxus-Segment.

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