Auf Samtpfoten durch die Wildnis

Weder ragen hier Viertausender in den Himmel, noch stürzen spektakuläre Wasserfälle in die Tiefe. Auf den ersten Blick wirkt der Nationalpark Kalkalpen unspektakulär – doch wer genauer hinsieht, entdeckt Natur in ihrer ursprünglichsten Form. Über 1600 Schmetterlingsarten, 42 Orchideenarten, 42 Urwaldkäferarten und die ältesten Buchen der Alpen machen dieses stille Paradies einzigartig. Einer, der den Park kennt wie kaum ein anderer, ist Franz Sieghartsleitner – Mitbegründer, Visionär, Urgestein. Ein Gespräch über wachsende Wildnis, kostbare Rückzugsräume und das große Ganze.
Urwälder sind in Mitteleuropa zu einer Seltenheit geworden. Nur wenige Gebiete blieben von wirtschaftlicher Nutzung verschont – einer der letzten großflächigen Buchenurwälder liegt im oberösterreichischen Nationalpark Kalkalpen. Mit 20.850 Hektar ist er der zweitgrößte Nationalpark Österreichs – und zugleich das größte zusammenhängende Waldschutzgebiet der Republik. Über 80 Prozent der Fläche sind bewaldet. Laub-, Misch- und Nadelwälder wechseln sich in mosaikartiger Vielfalt ab – von den Tallagen bis in die alpine Krummholzzone. Damit nimmt der Nationalpark eine besondere Stellung ein: Er ist das größte Buchenwaldschutzgebiet der Alpen, Teil des UNESCO-Weltnaturerbes „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder Europas“ – und einzigartig unter den 13 Nationalparks der Alpen.

Natur darf sich hier seit Jahrzehnten wieder selbst überlassen bleiben: keine Forstwirtschaft, keine Jagd, kein menschliches Eingreifen. Was für manche nach Verwahrlosung klingt, ist für andere ein Schatz von unschätzbarem Wert. Einer, der dies zu bewahren hilft, ist Franz Sieghartsleitner. Seit Jahrzehnten begleitet er die Entwicklung des Nationalparks.
Wenn er über das Gebiet spricht, wird klar, dass es um mehr geht als um Biodiversität oder Schutzstrategien. Große Ehrfurcht empfinde er beim Betreten solcher Urwaldareale, sagt er. „Am liebsten würde ich dann meine Schuhe ausziehen und auf Samtpfoten zwischen Baumriesen, Baumgreisen und Keimlingen gehen.“ Für ihn sind diese Wälder einzigartig – weil sie in ihrer komplexen Vernetzung und millionenjahrelangen Entwicklung durch nichts zu ersetzen sind. „Es wäre einfacher, ein Gemälde von Rembrandt, Van Gogh oder Klimt nachzumalen.“

Österreichs Lebensversicherung
„Die österreichischen Nationalparks sind der beste Versicherungsschutz für Österreichs landschaftliche Kronjuwelen mit ihren seltenen und schützenswerten Tieren, Blumen und Pilzen“, sagt Sieghartsleitner. Der Artenreichtum spricht für sich: Über 1000 Blütenpflanzenarten, 17 Fledermausarten, eine außergewöhnlich hohe Dichte an Spechten und Schnäppern – und überdurchschnittlich viele Pilz- und Flechtenarten wurden nachgewiesen. Alle heimischen Waldhühner kommen im Gebiet vor – das Haselhuhn sogar in den dichtesten Beständen.
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