Zwischen Gold und Geiern
Im Raurisertal
Südlich des Salzachtals, im schönen Pinzgau, ist die größte Gemeinde des Salzburger Landes zu finden: Rauris. Auf mehr als 200 Quadratkilometern leben hier nur um die 3.000 Menschen. Der Rest ist Natur. Und die weiß im Raurisertal erstaunliche Geschichten zu erzählen. Denn in den Böden schlummern, so vermutet man, noch immer enorme Goldvorkommen. Und in der Luft, da gleiten sagenumwobene Tiere in weiten Kreisen. Die Rauriser selbst leben dazwischen. Irgendwo zwischen damals und heute. Und sie erzählen diese Geschichten nur zu gern.

Tauernseele
Stolz sind die Rauriser, auf das was sie haben. Dabei ist vieles davon alt. Steinalt! Das grob gemauerte Tauernhaus beispielsweise, in welchem wir uns stärken. So, wie es die Menschen schon vor mehr als 500 Jahren hier getan haben. Noch immer sind die Holzdielen dieselben. Noch immer sind die Namen der Schmuggler zu sehen, die einst in die Tischplatten geritzt wurden. Denn dafür waren die Tauernhäuser eins gedacht: Unterschlupf für Männer, die schwerbeladen über die Bergpässe stiegen, ihr Leben riskierten. Wein, Gewürze und Früchte, wertvolle Tücher und natürlich Salz. Vom Gold, dass damals schon unter ihren Füßen schlummerte, wussten sie nicht.
Heute sind die Tauernhäuser gern besuchte Ausflugsziele – nicht nur für Historiker. Familien wandern im Sommer durch das Seidl-winkltal in knappen zwei Stunden zum Tauernhaus, das von Familie Essel mit Herz und Seele bewirtschaftet. Wer dagegen das Haus als Startpunkt nutzt, gelangt bald in hochalpines Gelände. Das 2.500 Meter hohe Hochtor war schon vor Jahrhunderten ein wichtiger Übergang. Heute ist es durch die Großglockner Hochalpenstraße bestens erschlossen.
Von alldem bekommt man bei Familie Essel nichts mit. Das vom Wetter gezeichnete Haus bietet nicht nur Raum für eine Zeitreise, sondern auch Platz zum Genießen und Entspannen. Bodenständige Küche. Alles aus der Region. Eben so wie früher. Alles ist so geblieben, wie es war. Bie heute gibt es hier oben keinen Strom. Seit 534 Jahren.


Tauernkönige
Im Krumltal, ein Seitental weiter südlich. Am Fuße des Ritterkopf, dessen Gipfel als erster die Dreitausendermarke übersteigt, wandern wir mit Nationalpark Ranger Armin Wanke stetig bergauf, tiefer und tiefer in die Berge. 750 Höhenmeter legen wir auf dem einfachen Wanderweg zurück. Unsere Blicke allerdings richten sich die meiste Zeit über in den Himmel. „Die Geier waren einmal ausgestorben im Raurisertal. Oder ausgerottet, um genau zu sein.“ Und schon tauchen wir ein, in eine weitere Geschichte der Rauriser Bergwelt.

Die wilde Natur, die heute rund um Rauris genossen werden kann, war früher das genaue Gegenteil, weiß Armin zu berichten: Steile Felswände, Lawinen und Steinschlag, endlose Wälder, in denen Wölfe ihr Unwesen treiben. Und dazu gigantische Greifvögel, von denen man sogar annahm, dass Kinder auf ihrer Beuteliste stünden. Den Wölfen entledigte man sich, indem man Köder mit der giftigen Wolfsflechte versah. Und die Geier? Die wurden erschossen. Alle.
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